
Es ist 2009, im Radio läuft Polarkreis 18 und auf dem FIFA-Cover sind Ronaldinho und Kevin Kuranyi zu sehen. Gerade wurde Energie Cottbus im Karrieremodus zurück in die Bundesliga gehievt. Um weiter anzugreifen, vielleicht auch Richtung Europa schielen zu können, schauen wir doch mal, was sich so auf dem Transfermarkt herumtreibt. Da Cottbus endliche Finanzmittel hat, wird der Suchfilter auf junge, talentierte Spieler gesetzt. Dieser Yoann Gourcuff von Bordeaux scheint Potential zu haben, ist aber wahrscheinlich schon eine Nummer zu groß für Cottbus. Stuttgarts Manuel Fischer hingegen könnte in die Mannschaft passen. Oder vielleicht gelingt der Coup und Kevin Pannewitz kann von Hansa Rostock losgeeist werden?
Wie falsch diese Prognosen, wie falsch die Annahme, sie könnten es zu großen Spieler schaffen. Diese Sammlung zeigt gescheitertes Fußballfachwissen und gescheiterte Talente zugleich. Fußballgott hab sie selig.
Samed Yesil
Samed Yesil ging mit elf Jahren zu Bayer Leverkusen. Und schon falsch abgebogen, mögen böse Zungen behaupten. Jedenfalls zerschoss er sieben Jahre lang am Rhein die Netze, gewann 2011 bei der U17-WM den Silbernen Schuh, ehe Liverpool auf der Matte stand. 2012 wechselte Yesil mit 18 Jahren aus der BayArena nach Anfield. Da warteten Luis Suarez, Raheem Sterling und Steven Gerrard auf ihn. Sechs Monate später riss sein Kreuzband. Long Story short, heute kickt er bei Ankara Demir in der 2. Türkischen Liga. Ahh, nee, ich bekomme gerade rein, der spielt da schon gar nicht mehr. Er steht mittlerweile bei DJK Teutonia St. Tönis unter Vertrag. Ja wir schwören Stein und Bein auf die Oberliga Niederrhein!
Alexandre Pato
2009 war der Fußballfachkreis sich einig, dass Alexandre Pato mal ein Weltstar sein wird. Die Grundlage dieses Glaubens: FIFA 09. Pato, beim AC Mailand unter Vertrag, war das vielversprechendste Talent im Spiel. In der Realität ist er irgendwann abgeschmiert und zurück nach Brasilien gegangen. Der FC Chelsea und FC Villareal haben es dann noch einmal mit ihm versucht, aber den Erwartungen wurde er nicht mehr gerecht. In Chinas Super League war er dann irgendwann zu gut für den Rest, sodass er über den FC Sao Paolo nach Orlando in die MLS ging. Rentnerliga. Gut bezahlt. Würden wir genauso machen.
Donis Avdijaj
Der kosovarisch-deutsche Stürmer hatte seinen ersten Karriereknick wahrscheinlich irgendwann mit sieben. Denn es hat nichts so richtig geklappt im Fußballerleben des Donis Avdijaj. Ausgestattet mit sagenhaftem Talent ist er in der Knappenschmiede ausgebildet worden. Seitdem schwebt er ein bisschen durch die Fußballsphäre, unter anderem mit Ausflügen zu Heart of Midlothian und nach Limassol. Großartig sein Interview im Vereinsfernsehen bei Sturm Graz: Was Avdijaj mit 15 Millionen Euro machen würde? „Öh, mir so ein Schwimmbad bauen und dann so in Geld schwimmen. Und am Rand da stehen so Pferde, die mir so dabei zugucken.“ Öh, na dann, hau weiter so rein, vielleicht, öh, wird das ja so noch was.
Jack Wilshere
Er galt als große Hoffnung des englischen Fußballs. Mit neun Jahren schloss Jack Wilshere sich dem FC Arsenal an, zehn Jahre später mit 19 machte er in der Champions League gegen den FC Barcelona das Spiel seines Lebens und wurde am Ende der Saison Englands Nachwuchsspieler des Jahres. Ein paar Kneipenschlägereien und etliche Verletzungen später ist Wilshere heute in Dänemark angekommen, bei Aarhus GF.
Peniel Mlapa
Für Spieler wie Peniel Mlapa wurde das Etikett des „ewigen Talents“ irgendwann einmal ins Leben gerufen. Aus der Schmiede der Sechziger ging es zur TSG Hoffenheim, von da über Borussia Mönchengladbach, den FC Nürnberg , VfL Bochum und Dynamo Dresden zur Venlose Voetbal Vereinigung Venlo. Der Tiefpunkt? Nein, seit 2019 spielt er für Al-Ittihad Kalba in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Der Verein hat nicht mal einen Wikipedia-Eintrag.
Hachim Mastour
Hachim Mastour war dieses Wunderkind, das mit 15 Jahren schon beim AC Mailand in der Ersten mittrainiert hat. Alles, was man in der Folge von ihm sehen konnte, waren YouTube-Skill-Compilations aus dem Training. Für Milans Profis hat er nie gespielt. Heute verteilt der 23-Jährige Bingos in der Serie C beim FC Carpi. Around the World kann er auch noch!
Kevin Pannewitz
Kevin Pannewitz ernährt sich vegan und spielt in der 9. Liga, das war der letzte große Aufschrei, für den der Berliner gesorgt hat. Einst galt er als großes Talent, nur war ihm der Fußball nie so wichtig wie das Leben drumherum. Alkohol, schlechte Ernährung, Disziplinlosigkeit: So recht schien Pannewitz nicht in das Geschäft zu passen. Zu Peak-Zeiten soll er fast 140 Kilogramm gewogen haben. Und so liest sich sein Karriereweg ein wenig traurig, nachdem er 2013 beim VfL Wolfsburg gescheitert war: Goslarer SC, VSG Altglienicke, Oranienburger FC, Carl Zeiss Jena, SC Siemensstadt, FC Amed Berlin. Irgendwie aber auch geil.
Marco Terrazzino
Als einer der sieben Jungs vom FC Neckarau, die 2007 zur TSG Hoffenheim wechselten, war ihm der Weg in den Profifußball vorbestimmt. Er gab sein Bundesligadebüt und heimste die Fritz-Walter-Medaille 2009 ein. Doch irgendwie bekam seine Karriere einen Turn. Ab der Saison 2010/11 gehörte Terrazzino nicht mehr zum Bundesligakader und wechselte in die 2. Liga zum Karlsruher SC. Er tingelte zwischen 1. und 2. Bundesliga herum, im bekannten Drei-Vereine-Eck Freiburg Dresden Paderborn. Mittlerweile in Polen bei Lechia Gdansk.
Sinan Kurt
2014 luchste Bayern München den Gladbachern mal wieder ein Toptalent ab: Sinan Kurt. Es entfachte ein Streit mit Max Eberl, denn der glaubte, ihm würde ein Jahrhunderttalent genommen. In vier Jahren Bundesliga für Bayern und später für Hertha BSC reichte es für Kurt zu 48 Minuten. Erwartungen, Druck, ein dekadenter Lebensstil – sein Scheitern ist vielseitig begründet. „Sinan hat das Problem, dass ihm in der Jugend schon alle gesagt haben, was für ein super Spieler er ist“, sagte Matthias Sammer mal über ihn. Kurz heuerte er bei WSG Wattens in Österreich an. Mittlerweile spielt er in der 3. slowakischen Liga.
Keirrison
Wenn dein Vater Fan von Keith Richards und Jim Morrison ist, kann so etwas schon mal passieren. Kein Witz, daher entstammt der Name Keirrison. 2009 verpflichtete der FC Barcelona Zlatan Ibrahimovic. Im Schatten des Megatransfers kauften sie obendrein eben diesen Keirrison vom FC Santos. Wunderdinge hatte man über den 20-jährigen Brasilianer gehört. 14 Millionen Euro war er den Verantwortlichen wert. Am Ende machte er nicht ein Spiel für Barca, sondern kehrte ziemlich schnell zurück nach Brasilien.
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